Fotografie wie zu Omas Zeiten
Fotografie ist eigentlich ein Wunder - ein klitzekleiner Moment wird eingefroren, festgehalten, konserviert, Licht, Farben und Muster auf einen Sensor gebannt - oder eben auf eine Filmrolle, so wie unsere Großeltern (und wahrscheinlich auch noch unsere Eltern) fotografiert haben. Heutzutage macht sich eigentlich niemand mehr Gedanken über Speicherplatz, Anzahl der Fotos, misslungene Versuche... Ist ein Foto nicht so geworden, wie man es sich vorgestellt hat, wird es einfach wieder gelöscht oder man nimmt gleich den Reihenauslöser her und löscht hinterher, was einem nicht gefällt. Es spielt keine Rolle, ob man sein Haustier einhundertmal fotografiert oder unglaublich banale Momente, die wir eigentlich sofort wieder vergessen haben und sich ein Foto im Grunde gar nicht lohnt. Aber egal, wenn das Foto nix ist oder an Bedeutung verloren hat, klickt man auf das Papierkorbsymbol und der festgehaltene Moment verschwindet auf immer im Nirvana. Dadurch werden Fotos aber auch beliebig, verlieren an Wertschätzung. Allein die schiere Menge an täglich beliebig geknipsten Bildern führen zu einer Flut, die niemanden mehr interessiert. Was ist ein Smartphone-Schnappschuss schon Wert?
Überlegen wir einfach mal, wie es früher war, wenn man wusste, dass man genau 36 leere Frames in der Kamera hat und diese natürlich möglichst abwechslungsreich und gelungen füllen möchte. Jedes Auslösen sei wohl überlegt, man geht noch einmal einen Schritt vor, einen zurück, läuft dann doch noch einmal um das Objekt drumherum und schaut es von der anderen Seite an. Ist es so vielleicht besser? Der Fokus muss auch manuell eingestellt werden, denn automatische Augen- bzw. Gesichterkennung und -verfolgung sind natürlich Fehlanzeige in so einer analogen Kamera.
Und dann kommt der Moment, das Motiv ist ausgewählt, der Fokus eingestellt, noch einmal durchatmen - KLACK! Dieses butterweiche Geräusch aus Spiegelklappe und Verschlussöffnung ist Musik in meinen Ohren. Und mit dem Spannen von Verschluss und Weitertransport des Filmes macht man sich auch schon bereit für den nächsten wertvollen Shot - als ob sich eine Katze zum Sprung vorbereitet. Und immer hat man das Zählwerk im Auge... schon 25, also nur noch 11 bis Schluss ist... Es gibt kein Display, es gibt keine Kontrolle. Man verlässt sich auf sein fotografisches Wissen um ISO, Blende und Belichtungszeit und vertraut darauf, dass die eingelegte Rolle alles so "speichert", wie man es sich vorstellt.
Das waren meine Gefühle bei diesem allerersten Analogshooting, was ich jemals in meinem Leben gemacht habe. Voller Vorfreude bringt man den Film dann zum Fotofachgeschäft seines Vertrauens (bitte nicht im Drogeriemarkt abgeben, obwohl das natürlich auch noch geht) und dann heißt es WARTEN!
Nach unglaublich unendlichen drei Wochen flattert eine Email mit den gescannten Fotos in mein Postfach, oh Gott, das ist ja, als ob man die Abiturnoten von der Abschlussprüfung in den Händen hält und sich kaum traut, das Ergebnis anzuschauen.
Natürlich ist nicht jedes Foto der ganz große Wurf. Aber jedes Foto ist ein Schatz, denn jedes Foto gibt es nur dieses eine Mal. Es gab jedesmal nur einen Versuch und dieser ist nach heutigen Maßstäben (mit Live-View und elektronischem Sucher in den DSLMs) sozusagen fast im Blindflug gemacht worden. Hinzu kommt der nicht zu unterschätzende finanzielle Aufwand für den Kauf den Filmes und die Entwicklung.
Aber ich bin total angefixt und inzwischen habe ich eine ganze Palette an verschiedenen Filmen mit den unterschiedlichsten Looks hier liegen, die ich demnächst benutzen möchte. Ich geh dann schon mal sparen für meine neue Leidenschaft... :-))